Ruppe Koselleck /Münster

Das PKW in der Lipschitzallee
Eine Woche und sieben Sachen in Gropiusstadt

Unter einem PKW versteht man ein pädagogisches Kunstwerk.
Pädagogische Kunstwerke bemühen sich um Vermittlung hoher Werte auf hehrem Niveau und sind bestrebt, unsere Welt zu verschönern.
Alle PKWs verstehen sich hier als nützliche und ästhetisch notwendige Eingriffe in das öffentliche Erscheinungsbild der Gropiusstadt. Sämtliche Eingriffe waren genehmigungslose Interventionen in die alltägliche Wirklichkeit. -...- Poetische Handgriffe im politischen Raum.

(1) Weit verbreitet sind in Gropiusstadt betonide Tischtennisplatten auf öffentlichem Grund.
Mittels eines Bindfadens ließ ich von einem Baum herab einen angestochenen Tischtennisball darüber baumeln. Auf beide Seiten der Platte legte ich je einen Tischtennisschläger an Bindfäden. Später überließ ich diese Installation dem Gebrauch zufälliger Nutzer, machte Fotos und entfernte mich.

(2) Ich fand im Wald ein wenig Geld – sogar – über 10 Euro insgesamt – und kaufte ein Sparschein, welches ich damit fütterte. Später wilderte ich das Sparwildschwein auf einem Spazierweg aus. Solche Sparwildsäue setze ich seitdem immer dann aus, wenn ich mal wieder genug Geld auf der Straße gefunden hatte. Eine vergebliche Mahnung den verlierenden Spendern –...– eingedenk.

(3), (4) und (5) Alkoholismus als Kunst ist eine folgenfrohe Richtung, die ganz ungenau zwischen Aktion und Depression angesiedelt ist. Die Beteiligung von Intelligenz ist ebenso strittig wie gewiss.
Nicht ob es Gott gibt, sondern eher welche Getränke er bevorzugt, ist die Frage, welche sich mir in Gropiusstadt auf einem meiner ausgedehnten Spaziergänge stellte, als ich ein paar Säufer ohne Korkenzieher eine Flasche köpfen sah. Dies war in einem der hölzernen Pavillons zu Gropiusstadt im Park. In die Pfeiler des Pavillons trieb ich ein paar Nägel und schenkte den Trinkern einen kleinen Nutzen. Einen Korkenzieher, zwei Flaschenöffner und eine Fliegenklappe, weil in diesen Tagen viele Fliegen dort kreisten.

(6) Über die bedrohte Lackierung der Masten der Ampelanlage am Friedrich-Kayßler-Weg zu Gropiusstadt
–...– Der Ampelmastenlack leidet unter der stetigen Berührung passierender Passanten. An der Abriebshöhe kann man die statistische Größe der Bewohner von Gropiusstadt ermessen. Schmirgelpapier klebte ich schützend über den Lackabrieb, fotografierte das und sah mich von Beobachtern beobachtet. Grüßend gingen sie an mir vorüber.

(7) Eine Aufsicht ist ein Polizist, der auf einem Kaugummi klebt.
Der Polizist ist klein (1:87) und klebt auf dem Kaugummi, das sorgfältig entzuckert, gekaut und aufgebracht ist. Solches geschah gleich zwei Mal. Einmal am Fensterrand des Schlafzimmers mit Blick aufs Land. Das andere Mal von ganz oben und mit Schäferhund. Diese Aufsichten bleiben als zumeist unentdeckte Zeitzeugen der wirklichen Wirklichkeit zurück. Insofern sind sie als partiell pädagogische und potentiell philosophische Kunstwerke nur schwer zu erkennen.