Daniel Behrendt /Berlin

Eine Woche an der frischen Luft

Die Gropiusstadt – ein merkwürdiger Ort, den man für sich „gewinnen“ muss. Dabei geholfen, Vertrautheit in der fremden Umgebung herzustellen, haben mir meine kleinen Krepelzeichnungen, die ich seit bald zwei Jahren an den verschiedensten Orten „aussetze“. Die Zeichnungen tauchen spontan und ungefragt auf: Tagsüber, aber auch in Nacht- und Nebelaktionen habe ich gemeinsam mit meiner Mutter ganze Straßenzüge mit ihnen geschmückt. Sie bilden eine temporäre, frei kombinierbare Bildergeschichte im öffentlichen Raum, die die Welt der alltäglichen Dinge, Verrichtungen, Sorgen und Freuden aufs Korn nimmt.

Die Gropiusstadt ist nicht Berlin: Die Straßen sind atypisch frei von Hinterlassenschaften aller Art. Ebenso wie ungeliebte Hundehaufen fehlen auch ungebetene Kunstwerke. Hier rufen einem die unberührten Stromkästen, Laternenpfähle, Müllhäuschen und Telefonzellen zu: „beklebe mich!“ – Kunst macht nur dort Sinn, wo (noch) keine ist. Das neutrale Umfeld ist eine ideale Bühne, die künstlerischen Eingriffen zu einer prächtigen oder poetischen Wirkung verhilft.

Auch die Künstlerwohnung (ein Ort voll eigentümlicher klappernder und zischender Geräusche, die mich anfangs irrtümlicherweise auf ungebetene Gäste schließen ließen) musste ich mir durch vertraute Tätigkeiten erschließen. Zur Entspannung nach den alltäglichen Strapazen an der frischen Luft habe ich kleinformatige Abendaquarelle erstellt – keine Meisterwerke, aber charmante Zeugnisse einer reizenden Woche an einem sonderbaren Ort.