Chady Seubert/Pritzwalk

Die Grenzen dieser Stadt gehen nahtlos über in eine Mutterstadt. Ihr Kind – einzigartig – von zeitgenössischen Prozessen aufgesogen. Die Mutter behütet wohl ihr Kind!

Habe mich im Lieben geübt und 72 Mal auf den Auslöser gedrückt. Einfach drauf gehalten auf die „Schachteln“. Habe Italiener in Berlin studiert, werde in ein russisches Kabarett gehen und morgen dem Rosenkranz lauschen. Habe ein Riesen Kotelett verdrückt und bin sehr glücklich.

Ein Mann fragte mich, wie das Bild heißen soll. Unentwegt liefen mir spielende Kinder über den Weg. 10 Mal bin ich die Rolltreppe rauf und runter gefahren, bis es endlich auffiel. Zu viele Menschen. An jeden Tisch hätte ich mich setzen mögen und ihnen zuhören können. Es ist überall sehr warm und trocken hier. Ich bräuchte viel Zeit, mich zu akklimatisieren.

Das Schöne ist, dass der Anschlag der Uhr hier keine Rolle spielt. Das eine schafft aus dem anderen neue Aufgaben, denen ich fließend im Einvernehmen mit meinem derzeit desolaten körperlichen Zustand folge. Jeder Tag ist eine Ankunft und anders will ich mich hier auch nicht bewegen.

„Warum fotografierst du mein Haus?“ fragt mich der farbige, dicke, humpelnde Mann. „Ich möchte 24 eurer Vornamen an die Hauswand pinnen. Dazu möchte ich 4 bunte Flaschen aus eurem Badezimmer ran pinnen. Es sollten Creme- oder Seifenflaschen sein; also etwas, womit ihr euch berührt, was Persönliches.“ Er lacht und sieht verdammt gut aus. „Wie heißt du?“ frage ich, „Mohammed“, antwortet er. „Ich heiße Chady“. Wir geben uns die Hand.

Ein neuer Abschnitt meines hiesigen Aufenthaltes beginnt. Ich empfange Gäste! Ich werde Bitteres mit Würzigem kochen.

In jedem dieser Fenster tanzt eine Frau.
In jedem dieser Fenster liebt ein Mann.
In jedem dieser Fenster singt ein Kind.
In jedem dieser Fenster schläft ein alter Mensch.
In jedem dieser Fenster findet Zeitgeschehen statt.
In jedem dieser Fenster werden Enttäuschungen vernachlässigt.
In jedem dieser Fenster werden Forderungen gestellt.
In jedem dieser Fenster verharren Zustände.


Oder folgende Kurzvariante: (obwohl ich – Biggi – die längere schöner finde)

Die Grenzen dieser Stadt gehen nahtlos über in eine Mutterstadt. Ihr Kind – einzigartig – von zeitgenössischen Prozessen aufgesogen. Die Mutter behütet wohl ihr Kind!
Habe 72 Mal auf den Auslöser gedrückt. Einfach drauf gehalten auf die „Schachteln“.
10 Mal bin ich die Rolltreppe rauf und runter gefahren, bis es endlich auffiel.
Das Schöne ist, dass der Anschlag der Uhr hier keine Rolle spielt. Jeder Tag ist eine Ankunft und anders will ich mich hier auch nicht bewegen.
Ich empfange Gäste! Ich werde Bitteres mit Würzigem kochen.
In jedem dieser Fenster findet Zeitgeschehen statt.
In jedem dieser Fenster werden Enttäuschungen vernachlässigt.
In jedem dieser Fenster werden Forderungen gestellt.
In jedem dieser Fenster verharren Zustände.