Wolfgang Aichner /München

zur Arbeit von 2004

“nichtöffentlich“
Videointervention in den Berliner Gropiuspassagen am 8. und 9. November 2005

Die observativen Videoaufnahmen durch Wohnungsfenster, die ich in Manier eines Voyeurs während eines Aufenthalts in der Gropiusstadt gemacht hatte, sollten in einer “Vorführung“ für die Bewohner der Gropiusstadt einsehbar werden. Das Filmmaterial fand ich sehr romantisch: Menschen vor dem Fernseher, beim Wäscheaufhängen, sich zum Ausgehen zurechtmachend etc. Dabei erlaubte Bildausschnitt und -qualität keinerlei Identifizierung von Wohnung und Personen.


Die Genehmigungen zu erlangen, über fest installierte Monitore und Projektoren in den Gropiuspassagen synchron eine Auswahl meiner observativen Videos zu zeigen, sehe ich als integralen Bestandteil der Intervention. Mit der Unterstützung von Uwe Jonas glückte es, in sechs von etwa zwölf angefragten Läden der Einkaufspassagen das Einverständnis zur Benutzung ihrer DVD Anlagen einzuholen. Zu diesem Zeitpunkt war es von Vorteil, dass ich - in nebensächliche konzeptuelle Konstrukte verirrt – den Zusammenhang zur Kundenüberwachung in Kaufhäusern nicht thematisierte.

Technische Probleme zwangen mich, nach dem ersten Tag einiges zu verändern. Zwei der drei Videosequenzen erwiesen sich als zu dunkel und kontrastarm. Darum wurde am zweiten Tag die verbleibende Sequenz für 45 Minuten im Loop abgespielt.
Zufällig war es jene Sequenz, in der zwischen anderen Protagonisten eine Frau nur mit Hemd und Socken bekleidet mehrere Male durchs Bild läuft, die das Voyeuristische der Videos stark in den Vordergrund stellte. Verstärkt wurde dies durch die flimmernde Auflösung, die aus dem extremen Zoom
resultierte, ähnlich wie bei Spionage- oder Paparazzi-Aufnahmen. Die Live-Übertragungen durch Überwachungskameras auf Monitoren über den Verkaufsregalen, die in einigen Geschäften dem Kunden präsentiert werden, wurden somit nicht konzept-, sondern prozessbedingt übersteigert und ironisiert: Der gläserne Kunde scheint in seiner privaten Umgebung ebenfalls überwacht und geradezu entblößt zu sein.