Ulrike Mohr /Berlin
1. Versuch einer
Aussicht: Heute Nebel
„Der Nebel war so dicht, dass es keinen Unterschied zwischen oben und
unten gab: Wohin man sah, dasselbe durch nichts unterbrochene Weiß.“
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In der Wohnung, der plötzlich jede Weite genommen ist, fühle ich mich
beengt. Ich gehe aufs Dach und befinde mich mitten in den Wolken. Die Kondensation
beginnt unmittelbar am Erdboden. Die Luft ist mit Feuchtigkeit gesättigt,
und beständig wird überschüssiger Wasserdampf in Form winziger
Tropfen abgesondert. Das, was zuviel ist, kann als Bodennebeldecke eine beträchtliche
Höhe erreichen, bis zu mehreren hundert Metern.
Es ist eindrucksvoll in aller Frühe über solch einem Nebelmeer zu
stehen und in die Tiefe hinabzusehen. Zunächst scheint der Nebel völlig
regungslos zu verharren.
Wie vertreibt man Nebel?
Mit höhersteigender Sonne, die das Nebelgebilde allmählich in goldenes
Orange taucht, bringt mit einem Male ein kühler Lufthauch das ganze Nebelmeer
in Bewegung. Es wird zusehends lebendiger, an einigen Stellen Ballen sich Haufen
zusammen, um dann wieder an anderer Stelle zu zarten Schleiern zu verschweben,
und um schließlich ganz zu zerreißen.
2. Versuch einer Aussicht: Während des Aufstiegs aus den niederen Regionen schrittweise zwei Hochhäuser am Horizont versenkt.
1 aus: Die Vermessung der Welt, Kehlmann
contact: Ulrike Mohr