Isabell Becker /Wien
GENAU OHNE
stadt geht los
isabel becker geht los
am anfang war die
figur.
ein androgynes wesen stützt sich, vornüber gebeugt, mit den händen
auf, der kopf ist gesenkt.
diese figur wird auf einen der fünf stadtpläne – madrid, berlin,
wien, warschau, venedig – appliziert, wobei die konturen exakt an jede
straße angepasst werden.
die so entstandenen fünf figuren in ihrem zackigen outfit bilden in ihrem
(un)verkennbaren außen und äußeren die sich (ver- und ent)äußernde
stadt.
die künstlerin
reist in die stadt und fährt entlang der kontur.
die künstlerin fährt in die stadt und reist entlang der kontur.
die stadt fährt in die künstlerin und reis(s)t die kontur der figur.
berlin:
neun holzkästen mit minimalistischer (be)malung. im äußersten
winkel, eck, eine äußerst minimalistische zeichnung.
der titel bezeichnet die genaue straßenecke in berlin.
hier besteht die durchaus ernsthafte dokumentation in einem loch, das genau
ohne ist.
kennen sie den ort, haben sie eine vorstellung davon? sie werden es in diesem
bild suchen, sie werden es vielleicht sogar (wied)er - finden.
so werden ihre assoziationen teil des kunstwerkes, ohne die es lediglich in
seiner reinen materialität existiert.
genau wie in einem ihrer vorhergehenden, mehrstufigen projekte beschäftigt sich isabel becker in “genau ohne” mit übersetzungen, mit prozessen der selektion und transformation von wahrnehmen und wahrgenommen worden sein. wie der aktive modus des wahrnehmens von welt, von stadt, in kunst, in gefrorenes, abstraktes, von der wirklichkeit lediglich abstrahiertes, eingefrorenes über- oder unterführt, um-, ge- und verwandelt werden kann.
ANK MUELLER