Franziska Frey/Berlin
Januar 2007: Zwischenstation Gropiusstadt
Das Kind freut sich an den Schokoladenstrohhalmen aus der Kaufhalle in den Passsagen und saugt die Milch daraus, bevor es sie interessiert zerkaut. Das wird die Erinnerung an diesen Ort bleiben, wenn wir uns später unterhalten: „... ach da, wo es die Schokoladenstrohhalme gab.“
Nachts sitze ich an meinen Zeichnungen – das Kind schläft auf der
anderen Seite der dünnen Wand – der Grundriss des Hochhauses entsteht
auf dem Bildschirm.
Die Linien, die einen rechtwinkligen Bezug haben, erhalten eine Farbe –
die Senkrechten dunkler als die Waagerechten. Insgesamt brauche ich vier Farben,
da die Wände sternförmig von den im Zentrum liegenden Fahrstühlen
ausgehen.
Das „Fahrstuhlhaus“ hat einen achteckigen Grundriss. In der Mitte
ist der Schacht, auf sieben Wänden befinden sich die Wohnungstüren,
auf der achten ein Zugang zu einem Balkon und von da zum Treppenhaus –
ein Notausgang.
Sieben mal dreiundzwanzig: das sind einhunderteinundsechzig Wohnungen, das sind
dreihundertzweiundzwanzig Menschen, wenn überall nur zwei wohnen würden,
wie gerade in unserer Wohnung. Ich höre nichts oder kaum etwas, wenn ich
lausche.
Nach drei Tagen – das Kind hat seinen Alltag, ich bringe es früh
mit der U-Bahn in seinen Kindergarten – muss ich leider die Sachen packen,
die Wohnung räumen.
Die Wohnungsbaugesellschaft kann das Kunstprojekt nicht mehr unterstützen,
da das Haus den Besitzer gewechselt hat, sie betreut es nur.
Uwe kommt mit seinem Freund. Während wir alles für den Transport zurechtstellen,
putzen und streichen, unterhalten wir uns über das Stadtgebiet –
ehrwürdiger Name – doch nur zwei Häuser sind wohl wirklich von
ihm entworfen.
Das Kunstprojekt wird weiterziehen in eines der Original-Gropius-Häuser,
doch leider geht das nicht gleich, da noch die Schlüssel fehlen.
Es bleibt ein kurzer Besuch. Ich hole das Kind ab, wir gehen nach Hause.