Azul Blaseotto / Buenos Aires/Berlin

/ 2008

Ich bin in Catalinas Sur aufgewachsen, einer Wohnsiedlung, die in den 60er Jahren nahe am Hafen, südlich von Buenos Aires, für „progressive“ junge Familien mit Kindern aufgebaut wurde. In solch einer riesigen Stadt ist ein Viertel, wo die Autos nicht fahren dürfen und wo die grünen Flächen größer als die Häuser sind, einfach Luxus. Die Gropiusstadt war eine Reise in eine andere Zeit und einen anderen Raum als den von Berlin. Das erste, was ich machen wollte, war ein „asado“ für die Freunde, eigentlich die bescheidene lokale Version davon, nämlich grillen, und zwar auf dem Balkon. Das ging nicht, klar. Ich bin dann Rad gefahren und es gelang mir, was ich in Berlin schon (vergeblich) versucht hatte: die Grenze finden, mir den geografischen Horizont der Stadt ansehen. Ein klares Profil, das sowohl das Ende als auch den Anfang von etwas signalisiert. Gropius hatte auch an „Innen und Draußen“ gedacht, eben weil die Grenzen existieren (obwohl man sie manchmal nicht sieht), an eine Gesellschaft, die bewusst entscheiden muss, ob sie eine inklusive oder eine exklusive ist. Deswegen glaube ich, dass die Schlafzimmer kleiner als das Wohnzimmer, die Küche und das Esszimmer sind. Auffallend ist: Die gemeinsamen Räume sind bequemer und größer als die individuellen, weil es die Absicht ist, dass man zusammenkommt. Meine Wohnung in einem Altbau in Berlin-Moabit mag vielleicht schöner sein, nur bin ich allein in meinem großen Zimmer, so wie mein Mitbewohner in seinem. Man hört von der Gropiusstadt überwiegend folgende Beschreibungen: „Klotz“, „Käfig“, „Schuhkarton“ – diese gehen aber nicht in die Tiefe der Sache. Oder sind die Utopien der Vergangenheit die Fallen der Zukunft? Apropos Tiefe: Ich habe Walter sagen gehört, wie schlecht es ihm im Grab geht – jedes Mal, wenn er seinen Namen am Eingang der Einkaufspassagen lesen muss.

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