KH Jeron / Berlin

/ 2009

Ein Kindheitstraum geht in Erfüllung.
Endlich nach 42 Jahren wohne ich im 15. Stock eines Hochhauses.
Damals im Kindergarten war ich immer neidisch auf die Kinder aus der Hochhaussiedlung.
Ich wuchs in einem Einfamilienhaus mit Garten auf und dachte, dass in großen Häusern großartige Menschen wohnen. Ob das so ist, weiß ich immer noch nicht.
Aber der Ausblick ist unglaublich. Draußen ist es nass und kalt. Innen mollig warm.
Ich gehe auf Erkundungstour. Gropius Passagen, Berlins größte Shopping Mall. Reißbrett-Parkanlagen, wenig Hunde, autofreie Verbindungswege. Rudower Tönnchen, die einzige Bierschwemme, das Gemeinschaftshaus mit der Stadtbücherei und dem kostenlosen Internetzugang. In den Gropius Passagen werden Jugendliche beim Catwalk-Training gequält.
Auch eine Art Bootcamp, schade, dass Annegret Noble nicht dabei ist.
Zum Abendessen Bratwürste.

Nachdem ich meinen Erkundungsradius nur etwas erweitert habe, muss ich die Einschätzung "Parkanlagen, wenig Hunde, autofreie Verbindungswege" korrigieren.
Aber immerhin war es ein schöner erster Eindruck.
Ich brauche einen Soundtrack für meinen Aufenthalt. Ein Loblied auf die Tristesse.
Alva_Noto – Teion Acat , Pole – Achterbahn, International Pony – Still so much, Throbbing Gristle – Convincing People, Monolake – Pipeline, Murcof – Trsagion, Senking – Forge.
In meinem neuen Zuhause habe ich sofort eine Audio CD gebrannt. Sie läuft jetzt ununterbrochen. Meine Hinterlassenschaft. Abends sieht man Niemanden auf der Straße.

Fiktion und Realität vermischten sich während meines Aufenthalts in Gropiusstadt. Spazierengehen und Schreiben waren meine Hauptbeschäftigungen. Ich entdeckte die Sozialdemokraten der 20er Jahre als Straßennamen. Baltik Hooligans in kyrillischen Buchstaben auf Häuserwänden. Seltsame Werbeplakate. Die Orte von Stephen Willats Gropiustadtprojekt. So entstand die Idee für meinen Audioführer.

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http://gropiusstadt.projektraum.org