Karin Rosenberg / Berlin
Die Küchenuhr tickt. Es ist Winter, und Gropiusstadt verschwindet in einem nebelgrauen Schleier. Ein feiner Dauerregen trennt mich vom Draußen. Von oben sieht man auf Schirme, schwarze, orange, grauweiße, die sich hastig durch die Grünanlagen bewegen. Kein Laub an den Bäumen. Der Blick schweift über Hochhäuser, kleinere Blockbauten und Einfamilienhäuser im Bungalowstil – gebaut im Schatten der Hochhäuser. Eigenartige Durchmischung.
Sehr still ist es hier. Nur ab und zu klingelt es an der Tür. Anfangs fühlte ich mich deswegen unwohl, gar beobachtet, bis mir dann klar wird, dass Irgendjemand einfach nur ins Haus möchte. Warum, wohin – ich weiß es nicht. Ansonsten ist man hier alleine.
Bei Einbruch der Dämmerung beginnt Gropiusstadt zu funkeln: nie zuvor gesehene weihnachtliche Lichterflut. Erstaunen ergreift mich. Staunen über Alles hier.
Um zwei Uhr am Nachmittag gehen im Haus gegenüber die ersten Lichter an. Gegen halb elf am Abend erlöschen viele wieder. Schlafenszeit. Um halb zwölf ist es schon fast dunkel, und um Mitternacht stehen die Hochhäuser wie schwarze, schlanke Monolithe auf der Wiese.
Die Künstlerwohnung ist schön und karg. Draußen herrscht bunte Lichtervielfalt.
Kontrast zwischen Stille und Schrille.
Noch ein Tag, grauer denn je, die Häuser gegenüber lösen sich beinahe auf. Es beginnt zu schneien. Die Sicht ist auf wenige Meter reduziert. Mein Radius reduziert sich auf den Gang zu Edeka und zurück.
Ich versuche, die Atmosphäre in der Wohnung und die Stimmung draußen zu erfassen. Beides fange ich fotografisch ein. Unscharf, da mir das alles hier nicht fassbar ist.
Es regnet immer noch. Ich fotografiere nach draußen: den Regen. Durch ein Fernglas die gegenüberliegenden Fenster bei Nacht. Ich fotografiere drinnen: die Wohnung. Situationen. Alles ist sehr unscharf, drinnen wie draußen: unfassbar.