Karsten Neumann / Bethang

/ 2009

gropiusstadt. das aufgeregte berlin liegt zehn u-bahnstationen hinter mir, kein aufgeregter milliardärshype mit mailänder handtaschen, londoner schuhen und brüsseler pralinés um kunst und politik. zurückgeworfen auf das, was kunst eigentlich ist, trinke ich im imbiss einen tee, bevor ich in die wohnung gehe.

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die befreiung des geistes von der materie. das ist die kunst seit anfangloser zeit. ein lächeln für den imbissbesitzer, seine tasse zurückbringen, müll aufheben, das kann also kunst sein. im gepäck habe ich bethangschmuck, sound und text. ich beobachte die szenerie am bat yam platz. ränder werden oft vernachlässigt. hier einen energetischen punkt zu setzen kann toll werden. ich hebe weiteren plastikmüll auf. aus ihm werde ich später das spezielle gropiusdress für die hiesige >romea hill<– aufführung machen. ich komme vorher noch oft an den platz, sehe die passanten, markthändler, alte, kinder, alkoholiker. wie in der physik die energie, ist in der kunst der geist immer im gleichgewicht, er verschwindet nicht. in fünf tagen beginne ich also mit >romea hill<–. die menschen werden hier etwas sehen, was sie noch nie vorher in ihrem leben gesehen haben. in der bibliothek entdecke ich ein ausgemustertes buch von alexander kluge. ¡jetzt! ich konzentriere mich, lese die texte zur zufallskomposition, erzeuge geräusche mit meinen bethang-plastikteilen, passanten laufen vorbei, nehmen von mir kenntnis, drehen ihren kopf, bleiben stehen, halten inne, kinder schauen zu. ein teil des hypes ist da. ein alkoholiker schmeißt mir 70 ct zu. 60 minuten vergehen. ich stehe auf und gehe.

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