Andrea Knobloch / Düsseldorf
Nur das Notwendigste tun heißt, zwischen Wohnung und Supermarkt hin- und herpendeln, um regelmäßige Mahlzeiten sicher zu stellen und einmal am Tag »raus« zu kommen. Ansonsten in der Wohnung sitzen und aus dem Fenster sehen – in einen weiten Raum zwischen senkrecht aufgestellten Wänden, in den aus sehr vielen anderen Fenstern ebenfalls Blicke gesendet werden – von Leuten, die man nur sehr selten selbst sieht. Im Fall des halbrunden Gropiushauses treffen sich die Blicke vermutlich alle im Zentrum des Halbkreises, direkt über dem geschlossenen Rund des stillgelegten Brunnens. Würde man sich fliegend durch den Luftraum zwischen den Häusern bewegen, so müsste man sich im Gewirr der durch die Fenster hinaus geworfenen, sich kreuzenden und überschneidenden Blicke verheddern und an irgendeiner Koordinate bewegungsunfähig hängen bleiben.
Durch das Fotografieren werden die Fassaden praktikabler. Das Gespinst der Fensterblicke hängt unsichtbar vor den Hauswänden und lässt sich ausgedruckt auf einer DinA4-Seite ohne weiteres mit in die Wohnung nehmen. Man kann dann die Schauseiten der Hochhäuser studieren und überlegen, welche Art von Muster die Blicke der Bewohner in den Außenraum bohren, wenn alle gleichzeitig aus ihren Fenstern gerade aus nach vorn sehen würden. Aus den Fotografien dreier Fassaden, dem Gropiushaus, dem Idealhochhaus und dem Haus an der Lipschitzallee (zwischen Wohnung und Supermarkt), entstehen Zeichnungen, die später aquarelliert werden. Auf der Wohnzimmer-Tapete mit dem weiß-gräulichen Blumenmuster auf blassrosa Grund wirken die rechtwinklig und manchmal leicht diagonal geordneten Fassadenmuster wie buntes Herbstlaub, das jemand von draußen mitgebracht hat.